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Die Klima-Kuh
Von der Umweltsünderin zur Weltenretterin
Leere Weiten
»Eine Kuh macht Muh, viele Kühe machen Mühe.« Der Spruch ist
bekannt, ubiquitär und übrigens auch korrekt. Etwa so lautet dann aber
auch die übliche Begründung dafür, dass ab einer bestimmten
Herdengröße die Tiere im Stall bleiben. Die Zahl der Tiere ist frei
wählbar, alles was über zweihundert liegt, klingt glaubwürdig. Da muss
aus der ehemaligen Weide einfach eine Mähwiese werden, heißt es.
Das Ding ist einfach zu groß geworden. Industrialisierung macht aus
Handwerk eben Industrie. Es ändert sich dadurch auch strukturell und
systematisch. Alles muss neu organisiert werden, oder sagen wir: sich
der Organisation unterordnen. Und diejenigen, die ehemals den
Rhythmus vorgaben, müssen sich jetzt an den Rhythmus der
Produktion anpassen: die Kühe. So ist das immer gewesen in der
Geschichte der Industrialisierung. Was jetzt für die Kühe gilt, galt
ehemals für die Menschen. Nur dass es bis heute keine Kuhgewerkshaft
gibt, die aus der Misere helfen könnte. Außer vielleicht »Provieh«.
Das Ergebnis ist jedenfalls: Die Tiere verschwinden in den Ställen. Und
draußen werden maschinengerechte Landschaften hergestellt. Keine
Weiden mehr, sondern Mähwiesen. Das ist am Ende Agrarwüste, in der
kaum noch Leben ist. Muss aber nicht sein. Es gibt auch Betriebe mit 500
Milchkühen auf Weiden.
Effizienz
Es
stimmt
einfach
nicht,
dass
Rinder
im
Stall
effizienter
gehalten
werden
können,
als
auf
der
Weide.
Es
stimmt
nicht,
dass
mit
Kraftfutter
effizienter
zum
Beispiel
Milch
produziert
werden
kann,
als
mit
Weidegang.
Abgesehen
davon,
dass
die
Effizienz
generell
ein
Irrweg
ist,
weil
es
nicht
darum
geht,
mehr
Lebensmittel
zu
erzeugen,
sondern
eher
darum,
diese
gerecht zu erzeugen und zu verteilen.
Weniger
ist
mehr!
Der
Weg
in
die
Ställe
und
zu
mehr
Kraftfuttereinsatz
war
ein
Irrweg
in
der
Tierhaltung,
zumal
bei
den
Kühen.
Und
das
nicht
nur
aus
ökologischer
Sicht,
sondern
auch
ökonomisch.
Mehrere
Studien
der
Universitäten
Kassel
und
Göttingen
zeigen
an
150
kraftfutterreduziert
arbeitenden
Milchviehbetrieben
in
den
typischen
Grünlandregionen
Süd-
und
Norddeutschlands,
dass
jeweils
deutlich
mehr
Gewinn
bei
der
Milch
und
den
aufgezogenen
Rindern
eingefahren
werden
konnte,
als
bei
den
Vergleichsbetrieben,
die
unter
den
gleichen
Bedingungen
mit
hohem
Kraftfuttereinsatz arbeiten.
Weltmarkt ganz regional:
die Milchpreis-Statistik für Deutschland
Energiekrise: Preisspitze bei konventioneller Milch
2022 infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine.
Der Milchpreis ist schon sehr lange eine äußerst
volatile Angele-genheit. Warum er sich gerade nach
oben oder unten bewegt, ist nicht immer leicht zu
durchschauen. Einfach erklärbar waren die
Zusammenhänge nach dem Beginn des russischen
Angriffskriegs gegen die Ukraine. Die fossile Energie
war nicht mehr so billig verfügbar, entsprechend
stiegen die Preise. Bei den Lebensmitteln vor allem
für die aus der sogenannten konventionellen
Landwirtschaft, denn die ist abhängig von
synthetischen Pestiziden und Kunstdünger. Beides
wird mit sehr viel fossiler Energie hergestellt, der
Mineraldünger im nach gleich zwei deutschen
Nobelpreisträgern benannten Haber-Bosch-Verfahren
hauptsächlich mit Erdgas. Auch die Milchpreise
stiegen nach Kriegsbeginn deutlich. Konventionelle
Milch war zeitweise teurer als Biomilch.